(Wortlaut aus dem Almanach der Ritterorden von Friedrich Gottschalk (1817))
Die Anzahl der jetzt blühenden Orden wird man nicht zu hoch auf neunzig anschlagen können, wovon zwei Drittel erst seit dem Jahre 1701 und unter diesen wieder dreißig erst im laufenden Jahrhundert hervortraten. Im zugenommenen Glanze der Höfe und in dem Außergewöhnlichen unserer Zeit mag wohl der Grund der großen Vermehrung solcher Bänder liegen, die freilich ein wohlfeiler Preis für Mühe und Arbeit sind. Ob es gut war, ihre Zahl so bedeutend steigen zu lassen, ob es gut sein wird, sie noch immerfort zu mehren, ob der Wert, den sie haben können, durch ihren Anwachs und die daraus entstehende häufigere Verteilung nicht geschwächt und endlich Lauheit gegen die vor einem Jahrhundert noch höchst ehrenvolle Auszeichnung durch einen Orden erzeugen wird? Das sind alles Fragen, deren Beantwortung hierher nicht gehören möchte. Nach den Grundsätzen des heutigen Staatsrechts kann nur ein Souverän einen Ritterorden stiften. Verbände sich daher eine Gesellschaft von Privatpersonen zu einem solchen Zwecke, wie das schon einige Male geschah, so würde nur unter ausdrücklicher Genehmigung ihres Regenten ausgeführt werden dürfen. Gewöhnlich nennt man die Orden:
Große Ritterorden
Dazu gehören die, welche gekrönten Häuptern angeboten werden können und von ihnen getragen werden. Sie bestehen alle nur aus einer Klasse.
Zu
den großen Ritterorden gehört zum Beispiel der Schwarze
Adler Orden des Königreichs Preussen der bis 1918 verliehen
wurde.
Hausorden
Diese
Benennung kommt jetzt seltener als sonst vor. Man
bezeichnete damit die Orden, welche von einer fürstlichen
Familie für die Glieder derselben und ihre Diener bestimmt
waren. Aber von allen jetzt blühenden Ritterorden wird kein
einziger mehr auf diese Art vergeben, mithin möchte diese
Benennung als nicht mehr anwendbar zu betrachten sein.
Auch
das Königshaus Preussen hatte einen Hausorden, der
Hausorden von Hohenzollern. Verliehen bis
1918.
Verdienstorden
Diese sind entweder für das Militär oder für Zivildiener
bestimmt, so dass der Soldat nicht den des Zivils, und
umgekehrt, der Zivilist nicht den des Soldaten erhalten
kann. Mit dieser Gattung ist der bessere und lobenswertere
Zweck der Orden verknüpft, während die anderen mehr auf
Glanz der Höfe berechnet oder als Freundschafts-, Ehren-
und Gnadenzeichen anzusehen sind. Jeder Orden –
wenige ausgenommen – hat eigene Statuten, welche die
Pflichten und Rechte der Ritter bestimmen, in
Ordensangelegenheiten ihr Gesetzbuch sind und von ihnen
befolgt werden müssen. Dem Ordensherrn steht es allein zu,
in vorkommenden Fällen davon zu entbinden, sowie es ihm
auch unbenommen bleibt, nach Umständen sie abzuändern oder
sie zu erneuern. In früheren Zeiten wusste man nichts von
der Abteilung der Orden in zwei, drei, vier, fünf Klassen.
Sie hatten alle nur eine. Erst gegen die Mitte des 18.
Jahrhunderts entstand diese Teilung in mehrere Klassen,
wahrscheinlich aus zu billigenden Grunde, tiefer herab die
Auszeichnung gehen lassen zu können, indem bis dahin nur an
hohen Personen Orden gegeben wurden. Der mit dieser
Einrichtung verbundene Vorteil hat nach und nach bewirkt,
dass gegenwärtig die Zahl der in Klassen abgeteilten Orden
die größere ist. Die Ritter der verschiedenen Klassen eines
Ordens zu bezeichnen, bedient man sich entweder des
Zusatzes der Zahl, z.B. Ritter des roten Adlerordens erster
Klasse, zweiter Klasse usf. oder sie haben besondere
Benennungen. Gewöhnlich heißt alsdann die erste Klasse
Großkreuze, weil sie von allen Klassen das Ordenskreuz von
der größten Form hat und auch mit Ordenssternen auf dem
Kleide geziert ist. Die Inhaber der zweiten Klasse heißen
Kommandeure, von Kommende, Gut, Komtur oder Kommandeur,
Vorsteher eines Gutes, welche Benennung aus der Einrichtung
des deutschen Ordens herübergenommen ist. Die Inhaber der
dritten Klasse nennt man Kleinkreuze oder Ritter. Wo vier
auch fünf Klassen sind, gibt es Kommandeure erster und
zweiter Klasse. Gewöhnlich ist aber bei solchen Orden die
Zahlenbezeichnung. Die Verhandlungen der
Ordensangelegenheiten, die Wahl des Großmeisters, die
Aufnahme der Ritter und dergl. geschah früher hin nach der
Mehrheit der Stimmen in den feierlichen Versammlungen des
Ordens, welche, wie bei den geistlichen Orden, Kapitel
heißen. Diese Einrichtung gründete sich auf die Idee eines
gesellschaftlichen Vereins, die bei fast allen älteren
Orden zugrunde lag. Nach und nach ist man aber hiervon
abgegangen, und jetzt ist bei allen Orden der Regent des
Hauses, dem der Orden angehört, das unumschränkte Oberhaupt
oder der Großmeister desselben, so dass diese Eigenschaft
unzertrennlich mit der Regentschaft verbunden ist. Indessen
hat doch auch jetzt noch jeder Orden zur Besorgung seiner
Angelegenheiten ein Kollegium, das bald Ordensrat,
Ordenskonsil, Ordenskapitel, Ordenskommission usw. heißt.
Der Chef und Großmeister des Ordens ist der Vorsitzende
davon. Er ernennt die Mitglieder entweder aus eigenem
Antriebe oder auf Vorschlag des Kollegiums. Das
Ordenszeichen ist bei fast allen Orden ein goldenes Kreuz,
doch von verschiedener Form und verschiedener Farbe, die in
Emaille oder Fluß dargestellt sind. Zwischen den Winkeln
der Flügel oder Teile des Kreuzes ist häufig irgendeine auf
den Orden dessen Oberhaupt Bezug habende Verzierung
angebracht, und in der Mitte zeigt ein runder Schild
gewöhnlich den Patron oder die Legende oder das Wappen oder
den Namenszug des Stifters oder das Sinnbild des Ordens.
Bei den älteren Orden wurde das Kreuz ursprünglich an einer
goldenen Kette um den Hals auf der Brust getragen, denn
eine goldene Kette gehörte ebenso wie die goldenen Sporen
zum wesentlichen Ehrenschmuck des Ritters. Das
Beschwerliche und Kostbare dieser Einrichtung führte aber
späterhin die Vertauschung der Kette mit einem breiten
Bande herbei, und die Kette wird gegenwärtig nur noch bei
feierlichen Gelegenheiten, wo die Ritter in der
Zeremonienkleidung erscheinen, angelegt. An jenen Bändern
trägt gegenwärtig die erste Klasse fast aller Orden,
besonders der vornehmeren, das Ordenszeichen; doch hängt
dies Band bald von der rechten Schulter nach der linken
Hüfte, bald von der linken Schulter nach der rechten Hüfte.
Man bezeichnet diese Klasse auch durch: DAS GROSSE BAND,
nennt auch wohl den Orden nach dem Bande. So heißt z.B. in
Schweden der Seraphinenorden schlechtweg das blaue Band,
und in Dänemark ebenso der Elefantenorden, so, wie der
Danebrogorden das weiße Band genannt wird. Von den anderen
Klassen trägt es die zweite, mit wenigen Ausnahmen,
gewöhnlich um den Hals, die dritte im Knopfloche; und gibt
es noch eine vierte, so trägt es diese zwar auch im
Knopfloche, aber ihr Kreuz ist kleiner, oder die dritte
Klasse unterscheidet sich auf irgendeine andere Art von
ihr. Indessen ist es bei Orden, womit ein Bruststern
verknüpft ist, hinreichend, wenn nur dieser getragen wird,
und bei anderen ist es üblich, im gemeinem Leben, satt der
Insignien, entweder nur einen Streifen des Ordensbandes
durch zwei Klopflöcher am Kleide gezogen, mit oder ohne
eine durchgesteckte goldene Schnalle, worauf auch wohl das
Ordenskreuz ganz klein befindlich ist, oder das
Ordenszeichen in verjüngter Form zu tragen. Doch sind dies
alles stillschweigend nachgelassene Einrichtungen, welche
zur Schonung der Insignien entstanden sein mögen und bei
solchen Personen, die viele Orden besitzen, der
Raumersparnis wegen nötig wurden. In keinem Statut
irgendeines Ordens sind aber solche eigenmächtige
Abbreviaturen erwähnt oder erlaubt. In allen Staaten, die
Orden haben, gibt es auch Ehrenzeichen, sowohl fürs Zivil
als fürs Militär, um auch solche Personen, die sich nicht
zu Ordenserteilung eignen, öffentlich auszeichnen und ehren
zu können. Sie haben größtenteils die Form von Medaillen,
einige aber auch die eines Kreuzes und werden gewöhnlich am
Bande eines der Orden des Regenten, der sie vergibt,
getragen.
Zu
den Verdienstorden zählte beispielsweise der Rote Adler
Orden des Königreichs Preussen, der ebenfalls bis 1918
verliehen wurde.