Der schöne Brauch, Männer durch ein äußeres Merkmal auszuzeichnen, die durch Klugheit oder Tapferkeit oder Kühnheit dem gemeinen Wesen im Krieg oder Frieden wichtige Dienste geleistet hatten, war bei allen Völkern, in alter und neuer Zeit, stets üblich. Er scheint auch wirklich in der Natur des Menschen, der in einer Gemeinschaft lebt, wohl begründet zu sein, und eben darum so allgemein und so früh schon gefunden zu werden. Mannigfaltig waren solche öffentlichen Beweise des Dankes und der Auszeichnung, welche Rom seinen Helden gab, und einfach groß und begeisternd feierten die Staaten der Hellenen ihre besten Bürger. Auch die weltlichen Ritterorden, wie sie jetzt sind, haben eine ganz ähnliche Bestimmung, wiewohl ihr uranfänglicher Zweck sich im Laufe der Zeiten beträchtlich verändert hat. Aus den Instituten der Ritterschaft und der geistlichen Korporation entstanden, waren sie anfangs Verbrüderungen würdiger Männer, die, mit Übernahme bestimmter Pflichten unter dem Gesetz der Ehre, zu vaterländischen oder allgemein christlichen Zwecken zusammengetreten waren. Freie Geburt und tadelloses Leben waren die Bedingungen der Aufnahme. Verdienste aber sollten erst in dem Orden selbst erworben werden. Und in diesem Stücke ist die Hauptveränderung mit ihnen vorgegangen. Als Korporationen können sie noch immer betrachtet werden; allein die Verdienste, welche vormals der Aufnahme folgen sollten, müssen anjetzt schon vorangegangen sein. Der erste und gewisseste öffentliche Verein dieser Art in der Christenheit war der Orden de la Gènette oder von  der Bisamkatze. Karl Martell stiftete ihn im Jahre 726. Ungewisser ist der Orden sanctae ampullae, den Chlodewich I. im Jahre 499, sowie der Orden von der Eiche, den Garsias Ximenes, König von Navarra, im Jahre 722 gestiftet haben soll. Späterhin waren wohl die Kriege, welche die christlichen Völker des Abendlandes vom Ende des elften bis gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts führten, um Palästina, das Heilige Land, wo der Stifter ihres Glaubens gelebt, für das Heil der Welt gelitten hatte, und wo sein Grab war, der Gewalt der Ungläubigen zu entreißen, und welche den Namen der Kreuzzüge führen, mehr oder weniger, mittelbar oder unmittelbar die Veranlassung, das Vorbild und das Muster aller nachherigen Orden. Durch Vereinigung von Personen, deren Zweck gleich fromm und unter Beobachtung gewisser Regeln der war, Krankenpflege zu üben, die christliche Religion auszubreiten und zu beschützen, traten zuerst die geistlichen Ritterorden, von denen der älteste der Orden des heiligen Johannes von Jerusalem ist, hervor. Ihre Gesetze waren denen der Mönchsorden ähnlich. Ihr Vorsteher oder Meister wurden durch die Mehrheit der Stimmen gewählt, und zu ihrer Dauer und Gültigkeit bedurfte es der Bestätigung des Papstes, der noch jetzt gewissermaßen als Oberhaupt aller geistlichen Ritterorden angesehen werden kann. Zu welcher politischen Wichtigkeit und Macht einige derselben gelangten, ist ebenso bekannt wie ihr gänzliches Herabsinken in unseren Tagen. Nach ihnen bildeten sich späterhin  die weltlichen Ritterorden, bei denen mit solchen gottesdienstlichen Übungen auch die ritterlichen verbunden waren. Von den Kreuzfahrern, die zu ihrer Bezeichnung ein Kreuz auf dem Kleide trugen, das ihnen auch den Namen ihrer Kriegen den der Kreuzzüge gab, entlehnten die geistlichen Ritterorden die Sitte, sich ein äußeres Zeichen, gewöhnlich ein Kreuz, kenntlich zu machen. Diese Kenntlichmachung der Person ihrer Mitglieder, als einer besonderen frommen Verbindung angehörig, war notwendig, wegen ihres ursprünglichen Zweckes sowie wegen der Verhältnisse, in welchen sie zueinander und zu der übrigen Welt stehen wollten und stehen mussten. Ihrem Beispiel folgten hierin auch die Vereinigung der weltlichen Ritterorden. Sie nahmen zum äußeren Zeichen auch das Kreuz an, doch unterschieden sich von jenen einfachen Sinnbildern ihrer geistlichen Mitbrüder durch Einmischung mehr weltlicher und irdischer Zierden, mannigfacher Farben, kostbarer Steine und edler Metalle. Die Folgezeit änderte und modelte daran und fügte Bänder und Sterne hinzu, die wir in so bunter Menge und Form überall erblicken. Aber auch die ursprünglich guten und frommen Zwecke dieser Gattung von Ritterorden hat sie verändert oder gänzlich verwischt, und gegenwärtig haben sie nur die Zwecke: den Glanz und die Pracht der Höfe zu erhöhen und zur Belohnung und Auszeichnung des Verdienstes, der Treue, der Geburt und hoher Ehrenstellen zu dienen. Nur wenige der älteren Ritterorden machen es noch ihren Mitgliedern zur Pflicht, den christlichen Glauben zu verteidigen; doch möchte ihnen zur Erfüllung derselben teils die Gelegenheit, teils der Wille fehlen. Und von diesem frommen Zweck reden daher nur noch die Statuten.
(Wortlaut aus dem Almanach der Ritterorden von Friedrich Gottschalk (1817))
 
Die Anzahl der jetzt blühenden Orden wird man nicht zu hoch auf neunzig anschlagen können, wovon zwei Drittel erst seit dem Jahre 1701 und unter diesen wieder dreißig erst im laufenden Jahrhundert hervortraten. Im zugenommenen Glanze der Höfe und in dem Außergewöhnlichen unserer Zeit mag wohl der Grund der großen Vermehrung solcher Bänder liegen, die freilich ein wohlfeiler Preis für Mühe und Arbeit sind. Ob es gut war, ihre Zahl so bedeutend steigen zu lassen, ob es gut sein wird, sie noch immerfort zu mehren, ob der Wert, den sie haben können, durch ihren Anwachs und die daraus entstehende häufigere Verteilung nicht geschwächt und endlich Lauheit gegen die vor einem Jahrhundert noch höchst ehrenvolle Auszeichnung durch einen Orden erzeugen wird? Das sind alles Fragen, deren Beantwortung hierher nicht gehören möchte. Nach den Grundsätzen des heutigen Staatsrechts kann nur ein Souverän einen Ritterorden stiften. Verbände sich daher eine Gesellschaft von Privatpersonen zu einem solchen Zwecke, wie das schon einige Male geschah, so würde nur unter ausdrücklicher Genehmigung ihres Regenten ausgeführt werden dürfen. Gewöhnlich nennt man die Orden:
 
Große Ritterorden
Dazu gehören die, welche gekrönten Häuptern angeboten werden können und von ihnen getragen werden. Sie bestehen alle nur aus einer Klasse.

SAO
Zu den großen Ritterorden gehört zum Beispiel der Schwarze Adler Orden des Königreichs Preussen der bis 1918 verliehen wurde.

 
Hausorden
Diese Benennung kommt jetzt seltener als sonst vor. Man bezeichnete damit die Orden, welche von einer fürstlichen Familie für die Glieder derselben und ihre Diener bestimmt waren. Aber von allen jetzt blühenden Ritterorden wird kein einziger mehr auf diese Art vergeben, mithin möchte diese Benennung als nicht mehr anwendbar zu betrachten sein.

HHZ
Auch das Königshaus Preussen hatte einen Hausorden, der Hausorden von Hohenzollern. Verliehen bis 1918.

 
Verdienstorden
Diese sind entweder für das Militär oder für Zivildiener bestimmt, so dass der Soldat nicht den des Zivils, und umgekehrt, der Zivilist nicht den des Soldaten erhalten kann. Mit dieser Gattung ist der bessere und lobenswertere Zweck der Orden verknüpft, während die anderen mehr auf Glanz der Höfe berechnet oder als Freundschafts-, Ehren- und Gnadenzeichen anzusehen sind. Jeder Orden – wenige ausgenommen – hat eigene Statuten, welche die Pflichten und Rechte der Ritter bestimmen, in Ordensangelegenheiten ihr Gesetzbuch sind und von ihnen befolgt werden müssen. Dem Ordensherrn steht es allein zu, in vorkommenden Fällen davon zu entbinden, sowie es ihm auch unbenommen bleibt, nach Umständen sie abzuändern oder sie zu erneuern. In früheren Zeiten wusste man nichts von der Abteilung der Orden in zwei, drei, vier, fünf Klassen. Sie hatten alle nur eine. Erst gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts entstand diese Teilung in mehrere Klassen, wahrscheinlich aus zu billigenden Grunde, tiefer herab die Auszeichnung gehen lassen zu können, indem bis dahin nur an hohen Personen Orden gegeben wurden. Der mit dieser Einrichtung verbundene Vorteil hat nach und nach bewirkt, dass gegenwärtig die Zahl der in Klassen abgeteilten Orden die größere ist. Die Ritter der verschiedenen Klassen eines Ordens zu bezeichnen, bedient man sich entweder des Zusatzes der Zahl, z.B. Ritter des roten Adlerordens erster Klasse, zweiter Klasse usf. oder sie haben besondere Benennungen. Gewöhnlich heißt alsdann die erste Klasse Großkreuze, weil sie von allen Klassen das Ordenskreuz von der größten Form hat und auch mit Ordenssternen auf dem Kleide geziert ist. Die Inhaber der zweiten Klasse heißen Kommandeure, von Kommende, Gut, Komtur oder Kommandeur, Vorsteher eines Gutes, welche Benennung aus der Einrichtung des deutschen Ordens herübergenommen ist. Die Inhaber der dritten Klasse nennt man Kleinkreuze oder Ritter. Wo vier auch fünf Klassen sind, gibt es Kommandeure erster und zweiter Klasse. Gewöhnlich ist aber bei solchen Orden die Zahlenbezeichnung. Die Verhandlungen der Ordensangelegenheiten, die Wahl des Großmeisters, die Aufnahme der Ritter und dergl. geschah früher hin nach der Mehrheit der Stimmen in den feierlichen Versammlungen des Ordens, welche, wie bei den geistlichen Orden, Kapitel heißen. Diese Einrichtung gründete sich auf die Idee eines gesellschaftlichen Vereins, die bei fast allen älteren Orden zugrunde lag. Nach und nach ist man aber hiervon abgegangen, und jetzt ist bei allen Orden der Regent des Hauses, dem der Orden angehört, das unumschränkte Oberhaupt oder der Großmeister desselben, so dass diese Eigenschaft unzertrennlich mit der Regentschaft verbunden ist. Indessen hat doch auch jetzt noch jeder Orden zur Besorgung seiner Angelegenheiten ein Kollegium, das bald Ordensrat, Ordenskonsil, Ordenskapitel, Ordenskommission usw. heißt. Der Chef und Großmeister des Ordens ist der Vorsitzende davon. Er ernennt die Mitglieder entweder aus eigenem Antriebe oder auf Vorschlag des Kollegiums. Das Ordenszeichen ist bei fast allen Orden ein goldenes Kreuz, doch von verschiedener Form und verschiedener Farbe, die in Emaille oder Fluß dargestellt sind. Zwischen den Winkeln der Flügel oder Teile des Kreuzes ist häufig irgendeine auf den Orden dessen Oberhaupt Bezug habende Verzierung angebracht, und in der Mitte zeigt ein runder Schild gewöhnlich den Patron oder die Legende oder das Wappen oder den Namenszug des Stifters oder das Sinnbild des Ordens. Bei den älteren Orden wurde das Kreuz ursprünglich an einer goldenen Kette um den Hals auf der Brust getragen, denn eine goldene Kette gehörte ebenso wie die goldenen Sporen zum wesentlichen Ehrenschmuck des Ritters. Das Beschwerliche und Kostbare dieser Einrichtung führte aber späterhin die Vertauschung der Kette mit einem breiten Bande herbei, und die Kette wird gegenwärtig nur noch bei feierlichen Gelegenheiten, wo die Ritter in der Zeremonienkleidung erscheinen, angelegt. An jenen Bändern trägt gegenwärtig die erste Klasse fast aller Orden, besonders der vornehmeren, das Ordenszeichen; doch hängt dies Band bald von der rechten Schulter nach der linken Hüfte, bald von der linken Schulter nach der rechten Hüfte. Man bezeichnet diese Klasse auch durch: DAS GROSSE BAND, nennt auch wohl den Orden nach dem Bande. So heißt z.B. in Schweden der Seraphinenorden schlechtweg das blaue Band, und in Dänemark ebenso der Elefantenorden, so, wie der Danebrogorden das weiße Band genannt wird. Von den anderen Klassen trägt es die zweite, mit wenigen Ausnahmen, gewöhnlich um den Hals, die dritte im Knopfloche; und gibt es noch eine vierte, so trägt es diese zwar auch im Knopfloche, aber ihr Kreuz ist kleiner, oder die dritte Klasse unterscheidet sich auf irgendeine andere Art von ihr. Indessen ist es bei Orden, womit ein Bruststern verknüpft ist, hinreichend, wenn nur dieser getragen wird, und bei anderen ist es üblich, im gemeinem Leben, satt der Insignien, entweder nur einen Streifen des Ordensbandes durch zwei Klopflöcher am Kleide gezogen, mit oder ohne eine durchgesteckte goldene Schnalle, worauf auch wohl das Ordenskreuz ganz klein befindlich ist, oder das Ordenszeichen in verjüngter Form zu tragen. Doch sind dies alles stillschweigend nachgelassene Einrichtungen, welche zur Schonung der Insignien entstanden sein mögen und bei solchen Personen, die viele Orden besitzen, der Raumersparnis wegen nötig wurden. In keinem Statut irgendeines Ordens sind aber solche eigenmächtige Abbreviaturen erwähnt oder erlaubt. In allen Staaten, die Orden haben, gibt es auch Ehrenzeichen, sowohl fürs Zivil als fürs Militär, um auch solche Personen, die sich nicht zu Ordenserteilung eignen, öffentlich auszeichnen und ehren zu können. Sie haben größtenteils die Form von Medaillen, einige aber auch die eines Kreuzes und werden gewöhnlich am Bande eines der Orden des Regenten, der sie vergibt, getragen.

RAO
Zu den Verdienstorden zählte beispielsweise der Rote Adler Orden des Königreichs Preussen, der ebenfalls bis 1918 verliehen wurde.


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